https://kurier.at/politik/inland/van-der-bellen-tadelt-rosenkranz-riecht-nach-putsch/402106869
Zitat: Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat den freiheitlichen Kandidaten für die Hofburg, Walter Rosenkranz, getadelt, weil dieser damit liebäugelt, die Regierung zu entlassen. "Das riecht ein wenig nach Putsch und Willkür eines Einzelnen", sagte das amtierende Staatsoberhaupt in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe). ... Van der Bellen kann dem nichts abgewinnen: "Mit so etwas spielt man nicht. Mit Österreich spielt man nicht", meinte er gegenüber der Kleinen Zeitung. Zwar räume die Verfassung dem Bundespräsidenten tatsächlich das Recht ein, die Regierung zu entlassen. Der Nationalrat bleibe jedoch bestehen, so Van der Bellen: "Der Bundespräsident müsste auf der Stelle eine neue Regierung etablieren, die die Mehrheit im Parlament binnen fünf Minuten stürzen würde. Es kann nicht Aufgabe eines verantwortungsvollen Bundespräsidenten sein, Chaos zu produzieren."
Moment! Moment, Moment, Moment!
Jetzt ohne der FPÖ und ihrem Kandidaten das Wort reden zu wollen - aber unser Kandidat hat das ja ebenso in seinem Vorhabenskatalog stehen. Daher: Schauen wir uns das doch einmal näher und genauer an!
Einmal zum Begriff "Putsch" - Zitat: Ein Putsch oder Staatsstreich (oft französisch Coup d’État [ˌkudeˈta]) ist eine meist gewaltsame und überraschende Aktion von Angehörigen des Militärs oder paramilitärischer Organisationen und/oder einer Gruppe von Politikern mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen und die Macht im Staat zu übernehmen. Häufig folgt auf einen Putsch eine Militärdiktatur oder die Herrschaft eines autoritären Regimes.
Hier aber reden wir von einem Vorgang, der in der Bundesverfassung so vorgesehen ist (Artikel 29, Abs. 1 und 70, Abs. 1). Und hierauf folgt keine Militärdiktatur oder Herrschaft eines autoritären Regimes, sondern eine NEUWAHL - wie es die Bundesverfassung vorsieht (ebenfalls Artikel 29, Abs. 1)!
Wovon aber spricht der Bundespräsident? Um es noch einmal deutlich herauszuheben: "Der Bundespräsident müsste auf der Stelle eine neue Regierung etablieren, die die Mehrheit im Parlament binnen fünf Minuten stürzen würde. Es kann nicht Aufgabe eines verantwortungsvollen Bundespräsidenten sein, Chaos zu produzieren."
Und schauen wir auch dazu einmal genauer hin, was die Bundesverfassung sagt - nämlich in Artikel 52 Abs. 1. Zitat: Der Nationalrat und der Bundesrat sind befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen sowie ihren Wünschen über die Ausübung der Vollziehung in Entschließungen Ausdruck zu geben.
Frage: Was gibt es denn zu überprüfen, in 5 Minuten, wenn die zu Stürzenden erst ernannt wurden - außer "das sind keine von UNS"?
Natürlich hat der Nationalrat das verfassungmäßige Recht zu so einem Schritt - nämlich nach Artikel 74, Abs. 1 ff. Zitat: Versagt der Nationalrat der Bundesregierung oder einzelnen ihrer Mitglieder durch ausdrückliche Entschließung das Vertrauen, so ist die Bundesregierung oder der betreffende Bundesminister des Amtes zu entheben.
Aber: Worauf basiert denn dieser parlamentarische Misstrauensantrag? Müsste man da nicht in Wahrheit eher von einem "Putsch" reden - nämlich einer groben Missachtung der Gewaltentrennung und verfassungsmäßigen Aufgaben der einzelnen Institutionen?
Und: Woher WEISS denn der Herr Bundespräsident HEUTE SCHON, was die Mehrheit im Parlament binnen fünf Minuten tun würde?
Eine berechtigte Frage, weil in Artikel 56, Abs. 1 der Bundesverfassung zu lesen ist - Zitat: Die Mitglieder des Nationalrates und die Mitglieder des Bundesrates sind bei der Ausübung dieses Berufes an keinen Auftrag gebunden.
Oh, natürlich ... der Klubzwang!
Ist es nicht DER - und dessen Auswirkung, zu dem wir uns bezüglich der repräsentativen Demokratie dringend unterhalten müssten?
Aber im Grunde steht in dem zitierten Artikel sowieso, dass von Putsch hier keine Rede sein kann - siehe den weiteren Verlauf des Textes. Zitat: Wie Verfassungsrechtsexperte Karl Stöger gegenüber den Salzburger Nachrichten (Donnerstag-Ausgabe) erklärte, könne der Bundespräsident theoretisch jederzeit die Regierung ohne Begründung in die Wüste schicken. Dann könnte er eine ihm genehme Regierung einsetzen, die sofort - noch bevor sie sich dem Nationalrat vorstellt - einen Antrag auf Auflösung des Nationalrats stellt. Der Nationalrat hätte so gar keine Chance, diese nicht demokratisch legitimierte Regierung abzuwählen, und wäre sofort aufgelöst. Das sei aber noch nie ausgereizt worden, erklärte Christoph Bezemek, Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Graz, gegenüber der Presse. ... Und auch der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs und juristische Berater des Bundespräsidenten, Ludwig Adamovich, betonte gegenüber den Oberösterreichischen Nachrichten, dass es bisher noch kein Bundespräsident auf einen offenen Konflikt angelegt hat.
Ja, genau darum geht es - was noch nie jemand getan hat. Wie zum Beispiel eine Expertenregierung einsetzen ...! Oh, das hatten wir ja schon - damals zum ersten Mal.
Hat gar nicht weh getan, oder?
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