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Kritik an „Kultur der Straflosigkeit“ (31.5.2023)

 

https://orf.at/stories/3318066/

Zitat: Die Ex-EU-Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili, die jüngst ihre Fußfessel ablegen durfte, will ins EU-Parlament zurückkehren. Kaili ist das Gesicht jenes Bestechungsskandals, der Europa Ende 2022 aufrüttelte. Auf EU-Ebene ist man um Imagepolitur bemüht. Doch was ist seit dem Skandal um mutmaßliche Einflussnahme durch die Regierungen von Katar und Marokko tatsächlich geschehen? „Sehr wenig“, sagt Nick Aiossa von Transparency International (TI) zu ORF.at. Pläne für ein Ethikgremium sieht er, wie mehrere EU-Abgeordnete, skeptisch.

 

Ein Ethikgremium - zur Beseitigung von an sich normalerweise strafbaren Vorgehensweisen?

In dem wer sitzt - mit welcher Ethik? Kann es sein, dass solche Personen daran teilnehmen, gegen die sich die Regeln eigentlich richten sollen?

Was soll dabei herauskommen - außer den Teilnehmern - und wann?

Sehen Sie sich doch alleine nur an, was erarbeitet werden soll - Zitat: Das interinstitutionelle Ethikgremium, für das EU-Vizekommissionspräsidentin Vera Jourova zuständig ist, soll für angepasste Kontrollmechanismen und hohe Standards für Integrität und Unabhängigkeit sorgen. Vor allem geht es um mehr Transparenz, etwa was die Erklärung von Vermögenswerten betrifft. ... Regelmäßig soll überprüft werden, ob und wie jene Standards in der Praxis umgesetzt werden, so Wigand. ... Dass sich das Gremium mit Strafsachen befasse, sei nie vorgesehen gewesen, sagt Wigand auch. Dafür gebe es Behörden, wie die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF, die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) sowie die Polizei und andere nationale Behörden, hält er fest. 

Aber - Zitat: EUStA und OLAF hätten Aiossa zufolge aber nur ein limitiertes Mandat. 

Und - Zitat: Wann genau die Pläne präsentiert werden, ist unklar. Gerechnet wird derzeit mit Anfang Juni.

Und - Zitat: Das Regelwerk soll für neun Institutionen, die derzeit noch ihre eigenen Süppchen kochen, gelten. Dazu zählen unter anderem EU-Parlament, EU-Kommission, Rat und die Europäische Zentralbank.

Mhm, also eh nur die Hauptschlagader der Europäischen Union!

Und - Zitat: Dem Gremium werde voraussichtlich die nötige Macht fehlen, um die aktuell bestehenden „ethischen Schlupflöcher“ zu stopfen, sagt Aiossa. Er rechnet damit, dass dem Gremium sowohl Ermittlungs- als auch Überwachungsbefugnisse fehlen. Am besorgniserregendsten sei, „dass es mit Sicherheit keine Sanktionsbefugnisse haben wird“, so Aiossa. „Ohne diese Elemente wird es keinesfalls ein angemessenes Instrument oder Gremium sein, um die – unserer Meinung nach – allgemeine Kultur der Straflosigkeit anzugehen, insbesondere seitens des Parlaments, wenn es um ethische Regeln und Verhalten geht“, sagt der Experte. ... Bei Jourovas Ethikgremiumplänen handle es sich nach den Worten des deutschen EU-Abgeordneten Daniel Freund (Grüne) um einen „Etikettenschwindel“. ... „Wir brauchen keinen Gesprächskreis zu einheitlichen Standards in den EU-Institutionen. Was wir brauchen, ist eine Durchsetzung der bestehenden Regeln“, sagt er auf ORF.at-Anfrage. Ein Verstoß müsse seiner Ansicht nach von unabhängiger Seite festgestellt und eine Sanktion vorgeschlagen werden. „Wenn Regeln nicht durchgesetzt und kleinere Verstöße nicht geahndet werden, ist die Versuchung größer, immer noch einen Schritt weiterzugehen“, so Freund.

Dem ist an sich nichts hinzuzufügen!

Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug. Epikur (griechischer Philosoph, um 341 - 270 v. Chr.)

Was also bedeutet die sich hier manifestierende Zügellosigkeit und Abschottung der handelnden Personen gegen funktionierende Einschränkungen ihrer Allmacht? Was bedeutet es für die Bürger der Europäischen Union? Was für unsere grundlegenden Systeme?

Ein Wunder, dass die Menschen eine starke Abneigung dagegen haben, wie diese Europäische Union funktioniert - und für wen sie in Wahrheit handelt?

Es gibt eine ganze Schar an Austritts-Befürwortern. Wir als Demokratische Alternative (DA) zählen dennoch nicht dazu!

Wobei die Begründung dessen nicht einfach zu erklären ist:

Es geht hier aus Sicht der DA ja nicht gegen die Europäische Union als Gesamtkonstrukt an sich. Kontinentale Probleme können nur auf kontinentaler Ebene gelöst werden. Aber wenn die EU nach der Methodik agiert, wie oben nachzulesen werden die Probleme ja nicht kleiner, sondern in Wahrheit immer größer!

Also ein Grund für, einer gegen den Austritt.

Dass Österreich nicht nur Mitglied der EU, sondern auch Teilnehmer an der gemeinsamen Währung Euro ist, ist ein weiterer ganz wesentlicher Aspekt, warum die DA gegen einen Austritt ist. Denn der volkswirtschaftliche Schaden aus diesen Umständen wäre viel, viel größer als es sich die Austritts-Theoretiker auch nur in den kühnsten Albträumen vorstellen können. Schließlich ein Grund, warum sich die Briten dieses Damoklesschwert über ihrem Kopf gleich von Haus aus nicht angetan haben.

Aber ein ganz wesentlicher weiterer Grund gegen den Austritt: Hätten wir denn durch einen Austritt aus der EU diese Probleme der ungezügelten Allmacht und Sanktionsfreiheit für bedenkliche Handlungsweisen endlich als Österreich(er) hinter uns?

Wie schaut das denn bei uns national aus?

Wer zum Beispiel ging denn bisher als Beteiligter an der Ibiza-Affäre tatsächlich ins Gefängnis?

Richtig, der Aufdecker!

Wie ist das im Verfahren gegen die frühere ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin bisher (weil noch nicht rechtskräftig) ausgegangen? Richtig, nur eine bedingte Haftstrafe.

Was ist mit Karl-Heinz Grasser? Wird der jemals eine Gefängniszelle von innen sehen?

Sicher alles nur ein Häufung von Zufällen! Oder?

Wo wir doch gemäß unserer Verfassung (die laut unserem amtierenden Bundespräsidenten vor Schönheit und Eleganz nur so strotzt) hier in Österreich eine wunderbare Demokratie haben, mit Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Medienfreiheit, ....

Moment! Haben wir?

Schauen wir doch auf den Parlamentsserver, wo die Gewaltenteilung so schön beschrieben ist! Da findet man einen tollen Passus dazu - Zitat:

Drei Staatsgewalten: Gesetzgebung, Verwaltung, Gerichtsbarkeit
Wechselseitige Kontroll- und Einflussrechte sorgen für Balance und regeln das Zusammenwirken. Gewaltenteilung ist ein wesentliches Element jedes demokratischen Rechtsstaats. Sie ist in der Verfassung geregelt.

Na bitte, alles in bester Ordnung!

Wobei ... was steht da noch? Zitat: Wie in anderen demokratischen Staaten wird auch in Österreich die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung durch die Realitäten des Parteienstaates überlagert. Die Regierungsmitglieder gehören in der Regel denselben Parteien an, die im Parlament die Mehrheit haben. ... Dadurch, dass die Regierungsmitglieder in der Regel denselben Parteien angehören, die im Parlament die Mehrheit haben, wandert eine wichtige demokratische Aufgabe zu den Oppositionsparteien: die Kontrolle der Regierung. Der Gegensatz zwischen Regierungsmehrheit und Opposition wird daher oft als "neue Gewaltenteilung" bezeichnet.

Was hier leider nicht so deutlich geschrieben steht: Da die Oppositionsparteien eben keine Mehrheit im Parlament haben, können sie ihre Kritik an der Exekutive, die meisten Vorschläge, Misstrauensanträge etc. genauso gut in ein Sackerl sprechen und dem Nationalrats- oder Bundespräsidenten an die Tür hängen!

Aber zum Glück haben wir ja noch die unabhängige Justiz. Gott sei Dank!

Denkt man - bis man am Parlamentsserver weiterliest. Zitat: In der österreichischen Bundesverfassung wird der Begriff "Vollziehung“ allerdings so verwendet, dass er Exekutive und Judikative (Gerichtsbarkeit) umfasst. Dahinter steht die Überlegung, dass Gerichte ebenso wie die Verwaltung Gesetze vollziehen. 

Oh!

Aber - zum Glück, Zitat: ... selbstverständlich besteht auch in Österreich eine strikte Trennung zwischen Verwaltung (Exekutive) und Gerichten. ... Richter:innen sprechen Recht. Das heißt, sie entscheiden in Streitfällen unabhängig und unparteiisch. ... Die Gesetzgebung hat auf die Gerichtsbarkeit nur in einer einzigen Form Einfluss: Sie beschließt die Gesetze, an die sich die Gerichte halten müssen.

Wunderbar!

Wenn das alles und tatsächlich die Realität wäre. Die sieht allerdings doch etwas anders aus:

Was meinte Sektionschef Christian Pilnacek, wie den Medien zu entnehmen war? Zitat: Die Wahrnehmung der Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften sei „mit dem Schlagwort der Vermeidung des Anscheins politischer Beeinflussung faktisch außer Kraft gesetzt“, schreibt Pilnacek. 

Und was liest man in dem Artikel zur betreffenden Person? Zitat: Pilnacek leitete die Strafrechtssektion im Justizressort, die für die Straflegistik und Dienst- und Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften zuständig war. Unter Justizministerin Alma Zadić (Grüne) wurde die Sektion geteilt, Pilnacek wurde Sektionschef für die Straflegistik. Die Opposition und die Grünen werfen ihm vor, er habe Strafverfahren zugunsten der ÖVP beeinflusst, was Pilnacek bestreitet. Rechtskräftig freigesprochen wurde er in einem Verfahren wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses. Ein Verfahren wegen des Vorwurfs, er habe eine geplante Razzia vorab verraten, ist noch offen. Aufgrund dieses Vorwurfs wurde er auch suspendiert. Pilnacek dementiert die Vorwürfe.

Mhm!

Und was liest man hier - Zitat: Knapp ein halbes Jahr nach dem Pensionsantritt Harald Perls bleibt die Präsidentenstelle des größten Gerichts Österreichs weiterhin unbesetzt. Die Entscheidung über die Leitung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), das etwa für Asylfragen und Umweltverfahren zuständig ist, liegt bei der türkis-grünen Bundesregierung, die sich offenbar seit Monaten nicht einig wird. Politische Beobachterinnen und Beobachter vermuten, dass die Angelegenheit mit einer weiteren offenen Personalentscheidung bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) verknüpft ist.

Und was ist da? Zitat: Die Nähe zweier neuer Höchstrichter zur FPÖ empört die Opposition. Dabei ist eine parteipolitische Vergangenheit unter Richtern keine Seltenheit – ebenso wenig wie zahlreiche Nebenjobs

Eine lesenswerte Auflistung und nähere Erläuterung, die übrigens danach folgt!

Oder hier? Zitat: Es ist so sicher wie das Amen im Gebet: Wird ein neuer Verfassungsrichter ernannt, so wird auch über seine (mögliche) Nähe zu einer politischen Partei oder Ideologie debattiert. Wolfgang Brandstätter wurde bei seiner Ernennung vorgeworfen, dass er doch gerade noch Justizminister unter Rot-Schwarz gewesen war. Rechtsanwalt Michael Rami erntete Kritik, weil er zahlreiche FPÖ-Politiker vertreten hatte. Universitätsprofessor Andreas Hauer war Skeptikern aufgrund seiner Mitgliedschaft bei einer schlagenden Burschenschaft nicht geheuer.

Lesen Sie mit! Umfassen die Sideletters und geheimen Nebenabsprachen zu Postenbesetzungen bei Koalitionspakten nicht sehr wohl auch Spitzenpositionen in der Justiz?

Ist der einzige "Interessensausgleich" in Wahrheit der zwischen den einzelnen Parlamentsparteien - mit dem Effekt, dass ab einem gewissen Grad an Koalitions-Rochaden jeder irgendwo seine Gefolgsleute in der Gerichtsbarkeit, Staatsanwaltschaft und sonstigen "unabhängigen" Instanzen sitzen hat, die in der Lage sind, unangenehme Dinge "zu bügeln"?

... auch in Österreich eine strikte Trennung zwischen Verwaltung (Exekutive) und Gerichten. ... Richter:innen sprechen Recht ... unabhängig und unparteiisch ... selbstverständlich!

Und die politische Immunität haben wir ja auch noch, zum Glück!

Ist es tatsächlich das, was sich Leute wie Aristoteles, John Locke und Montesquieu unter "Gewaltenteilung" vorgestellt haben?

Auf EU-Ebene ebenso wie national?!

Man vergleiche das mit unserem Verfassungsvorschlag.

Klar ist aus dem allem: Wir brauchen Reformen - ganz, ganz dringend - national wie international!

Nur: Die wird uns niemand schenken, der jetzt an der Macht ist und die Vorteile dieses Mehrparteien-Absolutismus genießt. Weder national noch international.

Das erledigt sich auch nicht von selbst. Vor allem nicht durch bloß schimpfen oder jammern, nicht durch Resignation oder den Kopf in den Sand stecken, nicht durch Passivität und anderen nur bei der Arbeit zusehen, durch Suppen werfen oder sich irgendwo auf der Straße festkleben. Das braucht aktive Teilnahme, konstruktives und Sinn stiftendes Engagement, friedlichen Zusammenhalt und breite Informationsweitergabe.

National wie international. Wobei wir hier national einmal anfangen und erfolgreich sein müssen, um für eine internationale Verbreitung ein wirklich funktionierendes Muster für eine moderne, "zu Ende gedachte/gebrachte" Demokratie zu etablieren.

Die Chance lebt - aber Spaziergang wird es keiner. Und auch nicht in sieben Tagen erledigt sein.