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Ein faires Wahlrecht? (22.7.2019)

 

Reden wir einmal über unser Wahlrecht (konkret am gerade aktuellen Beispiel für den Nationalrat) - genauer gesagt über die dort verankerten Einzugshürden:
 
Wozu gibt es Unterstützungserklärungen?
 
"Dafür, dass nur solche Parteien einziehen, die schon eine genügend breite Unterstützung in der Bevölkerung genießen" heißt es.
 
Aber seltsamer Weise: Die heute schon im Parlament befindlichen Parteien haben sich das selber per Ausnahmeregelung erspart.
 
Warum? Die müssten doch eigentlich eine entsprechend breite Unterstützung genießen. Oder etwa nicht? Oder ist da noch etwas anderes? Die Zeit, in der das stattfinden soll, das hier aufgehobene Wahlgeheimnis, die Formalitäten und Herumschickereien, et cetera.
 
Doch stattdessen dürfen 3 gewählte Nationalratsabgeordnete einer Partei den Sanctus für den Antritt geben.
 
Warum? Was hat denn die letzte Wahl mit dieser jetzt zu tun? Kann es nicht sein, dass da gerade Abgeordnete ihre Partei unterstützen, die aber bei dieser Wahl gar nicht mehr gewählt werden?
 
EIN solcher Abgeordneter zählt außerdem so viel wie mindestens 867 Bürger? Echt jetzt? Nach dem verankerten verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz?
Was wäre, würde diese Schranke ganz wegfallen? Dann könnten rund 1.500 registrierte Parteien kandidieren!?!? HUCH!!!
 
Stimmt ja nicht! Da befinden sich genügend Sub-Strukturen der Großparteien darunter - und zahlreiche politische Karteileichen wohl auch.
 
Derzeit sammelt eine Handvoll an Kleinparteien Unterstützungserklärungen. Mehr nicht!
 
Haben die Amtierenden vielleicht Angst, ihre Wähler würden auf einem größeren Wahlzettel die ÖVP, FPÖ, SPÖ et cetera nicht finden? Oder würden die dafür auflaufenden Kosten ausufern? Bei DEN heute schon anfallenden - und jüngst erst per Novelle noch weiter erhöhten - Ausgaben für die Parteiförderung der Großen?? Echt jetzt???
 
Klar würde eine wegfallende Schranke die Zahl der kandidierenden Parteien möglicherweise erhöhen. Aber wohl mehr als verfünffachen auch schwerlich. Nicht zu vergessen, dass man auch ein wenig Geld für den Antritt auf den Tisch legen muss. Und die Mindesthürde für einen Einzug in den Nationalrat überwinden sowieso.
 
Halt! Apropos Mindesthürde: Warum denn eine solche?
 
"Weil das Land sonst unregierbar wäre" heißt es.
 
War Österreich vorher unregierbar?
 
Oder war das nicht eher die Zeit, ab der den "Volksparteien" scheibchenweise "das Volk" abhanden gekommen ist und die sich so einen längeren Machterhalt sichern wollten?
 
Was wäre denn, wenn für einen Einzug in den Nationalrat nicht mindestens 4% der Wählerstimmen notwendig wären, sondern lediglich die linearen rund 0,55% für eines der 183 Mandate?
 
Die Welt würde zusammenbrechen, unsere Gesellschaft auf dem Kopf stehen und der Komet einschlagen?
Weil?
 
Und vor allem: Für wen?
 
Wäre Österreich "unregierbar"? Oder wäre es bloß schwieriger, sich notgedrungen (wenn es für eine "Absolute" wieder einmal nicht gereicht hat) mit ein, zwei anderen Parteien eine Dauer-Durchwink-Gemeinschaft bis zur nächsten Wahl zu basteln, über die potente Lobbys leichtes Spiel haben?
 
Wenn der WÄHLERWILLE zählt, dann sollte man ihn nicht gleich von Anfang an durch Sperrklauseln verfälschen, sondern ihn so gelten lassen wie er ist - in genau dieser Zusammensetzung wie entschieden?
 
Oder wäre es vielleicht für Euch Große ein Problem, wenn man als Wähler statt für das kleinste Übel unter den übriggebliebenen Etablierten für tatsächlich Menschen und Parteien seines Vertrauens stimmen könnte?