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Die öffentliche Meinung hat resigniert (17.5.2024)

 

Genau fünf Jahre sind nun seit dem Skandal-Video von Ibiza vergangen. Was hat uns denn damals wirklich überrascht? Das, was inhaltlich dort seitens politischer Spitzen ungeniert zum Besten gegeben wurde? Oder dass sich solche Leute wirklich dabei derart auf dem falschen Fuß erwischen ließen? Was hat sich denn seitdem konkret verbessert? Ist es nicht sogar schlimmer geworden? Was haben wir Bürger denn erwartet? Und wer trägt letztlich wofür die  Verantwortung? Wer trägt die Hauptschuld an den heutigen politischen Zuständen? (Zusammenfassung in einfacher Sprache)

 

https://orf.at/stories/3357653/

Zitat: „Ibiza“ war „ein Sittengemälde“, so der Politologe Peter Filzmaier. Für die Bevölkerung habe sich dadurch ein schon bestehendes negatives Bild der Politik noch verfestigt. ... Die Bundesverfassung sei elegant und schön, versicherte Bundespräsident Alexander Van der Bellen in den folgenden Wochen wiederholt, um das Gerede von der Staatskrise abzubiegen. Doch so weit entfernt davon war Österreich gar nicht. ... Seit dem Abend, an dem das Video veröffentlicht wurde, hagelt es Skandale. Ermittlungen im Casinos-Komplex nach „Ibiza“ führten zu Thomas Schmids Handy, ehemals Kabinettchef im Finanzministerium. Hausdurchsuchungen wurden in der Inseratenaffäre (Stichwort „Beinschab-Tool“) durchgeführt. Ex-ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin wurde wegen Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen verurteilt. Es folgte auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, in dem sich der Fokus sukzessive von der FPÖ weg und hin zur ÖVP wandelte. Kurz wurde wegen Falschaussage vor dem U-Ausschuss angeklagt und zu acht Monaten auf Bewährung (nicht rechtskräftig) verurteilt. Direkt nach „Ibiza“ wurde aber nur eine Schlüsselfigur verurteilt: Bald nach Veröffentlichung begann die Suche nach den Urhebern des Videos. Hessenthaler stand vor Gericht, allerdings wurde ihm Drogenhandel angelastet. Er saß 42 Monate Haft ab. ... Juristisch ist im Nachgang von „Ibiza“ etwas weitergegangen, doch bei Weitem nicht genug, wie Fachleute meinen. ... „Bei der Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern hat Österreich die Mindeststandards in Gesetzesform gegossen – und das auch noch zu spät“, so Kristof Wabl, Vorstandsmitglied von Transparency Österreich, zu ORF.at. Dieses Gesetz habe wenig mit der Realität zu tun und führe zu erheblichem Aufwand bei Behörden und Unternehmen, zudem hätten Whistleblower keinerlei Rechtssicherheit. Auch das Gesetz zur Informationsfreiheit hat für Wabl bedeutende Mankos, da über 85 Prozent der Gemeinden (unter 5.000 Einwohnerinnen und Einwohner) davon nicht erfasst werden. „Was macht das für einen Sinn? Genau dort spielt sich in Österreich das Leben ab“, so Wabl über eine weitere „vertane Chance“. Expertenwissen und die Zivilgesellschaft würden beim Gesetzgebungsverfahren überhört. Nach Anlässen wie „Ibiza“ würden zwar manche Themen angefasst, es gebe aber keinerlei wahrnehmbare Strategie, die Österreichs Reputation wiederherstellen könne. „Es ist gut, dass Lücken geschlossen wurden, aber dennoch jagt ein Skandal den nächsten. Österreich kommt nicht ins ruhige Fahrwasser. Es ist geboten, bei Transparenz und Antikorruptionsmaßnahmen endlich ein neues Zeitalter einzuläuten“, so Wabl. ... Eine hohe öffentliche Parteienfinanzierung sei positiv, doch dann hätten auch die Bürgerinnen und Bürger Qualitätsansprüche. ... „Nur wütend sein kann nicht die politische Lebenseinstellung sein, so lässt es sich schlecht gestalten.“ Doch vielen Menschen reiche es dann schon, wenn sich eine Partei als anders darstelle – „wie anders ist dann egal“. ... Die Bürgerinnen und Bürger haben in den vergangenen Jahren jedenfalls weiter stark an Vertrauen in die Politik verloren, wie der Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International nahelegt: Zwischen 2019 und 2023 fiel Österreich von Rang zwölf auf 20 ab. Viel sei von den seitherigen Antikorruptionsmaßnahmen in der Gesellschaft nicht hängengeblieben, so Wabl. Ein ernüchterndes Urteil fällt auch Filzmaier: „Letztlich hat die öffentliche Meinung resigniert, nach ‚Ibiza‘ umso mehr.“ Verteidigungsstrategien wie „Das machen doch alle“ verfingen, auch in der Öffentlichkeit. „Ibiza“ sei jedenfalls nicht der Anlass für tiefgreifende Veränderung gewesen.

 

An sich könnte dieser oben zitierte Beitrag fast 1:1 von der Demokratischen Alternative stammen! Er bestätigt alles, was wir diesbezüglich in den letzten Jahren geschrieben haben. Und das von zwei Top-Fachleuten, sowie den Textern des ORF.

Aber gehen wir dazu noch etwas in die Tiefe:

Was hat uns damals - im Mai 2019 - denn wirklich überrascht? Das, was da inhaltlich und als Denkhaltung bei politischen Spitzenvertretern zum Vorschein gekommen ist? Echt? War das nicht damals schon eine weit verbreitete Annahme in breiten Teilen der Bevölkerung? War es nicht eher die wirklich große Überraschung, dass da zwei politische Spitzenleute derart aufgeflogen sind?

Was hatte der Skandal dann für Konsequenzen? Außer, dass wir innerhalb von wenigen Tagen gleich mehrere Regierungen im Amt fanden, und unser Kalmierungs-Präsident alle Hände voll zu tun hatte: Wer wanderte denn ins Gefängnis? Richtig, wie auch oben im Bericht nachzulesen: Der Aufdecker! Gibt es einen deutlicheren Fingerzeig als das für "Macht das ja nie wieder"

Trotzdem ist aber weiterhin ein Skandal nach dem anderen aufgeflogen. Wie oben auch im ORF-Bericht zitiert! Wobei hier noch viel mehr zu nennen wären: Wie zum Beispiel der Postenschacher in der Justiz - der die Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit hierzulande massiv in Frage stellt. Oder die Involvierung der Spitzenpolitik in die Signa-Machenschaften. Oder zum Beispiel die Vorgänge um die Unabhängigkeit des ORF. Oder die bemerkenswerten Vorgänge in der Corona-Krise - allein schon zur COFAG-Finanzierung, der weit überschießenden Impfstoff-Bestellung et cetera. Und so weiter!

Die Konsequenzen daraus? Eher wurden Maßnahmen ergriffen, um die Publizität der problematischen Vorgänge möglichst einzuschränken, und den Schutz von Whistleblowern sogar zu verringern statt zu erhöhen ("Macht das ja nie wieder"). Und es wurde - damals so wie heute - möglichst auf die anderen gezeigt, um von den problematischen Vorgängen im eigenen Bereich abzulenken.

Sind daher die amtierenden Politiker und Parteien an den heutigen Zuständen schuld?

Dafür verantwortlich: Sicher! Aber auch daran schuld?

Würde das alles für uns Bürger und Wähler überraschend kommen, dann vielleicht schon. Aber tut es das?

Was erwarten wir denn zum Beispiel von GRÜNEN, die als Mehrheitsbeschaffer für die Regierung die FPÖ fast nahtlos ersetzt haben? Was erwarten wir  von den parlamentarischen Oppositionsparteien SPÖ und NEOS, die in Wien - inwieweit jetzt konkret anders sind und bezüglich der Problematik viel besser vorgehen? Was haben wir denn von einer FPÖ zu erwarten, wenn sie wieder in der Regierung ist? Dass ausgerechnet die dann Reformen gerade dazu auf den Weg bringt, was ihnen damals die Regierungsbeteiligung gekostet hat? Und was von der ÖVP, die schon seit Jahrzehnten die Republik quasi als Privatbesitz einiger weniger betrachtet? Die werden es dann endlich richten? Ernsthaft?

Wir wissen diesbezüglich als Bürger und Wähler in Wahrheit doch schon längst, was Sache ist! Und? Ist die Alternativlosigkeit alternativlos?

„Die Definition von Wahnsinn ist: immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Ob dies wirklich ein Zitat von Albert Einstein ist, ist eher fraglich. Weniger fraglich ist für uns, dass dieser Spruch seine Richtigkeit hat!

Professor Filzmaier spricht es im zitierten Artikel ja konkret an: „Nur wütend sein kann nicht die politische Lebenseinstellung sein, so lässt es sich schlecht gestalten.“ 

Vollkommen richtig! Daher tragen längst wir Bürger und Wähler die Schuld für das, was hier geschieht bzw. unterbleibt. Und haben auch endlich die daraus resultierende Verantwortung als Souverän zu übernehmen: Nämlich gemeinsam bessere Alternativen zu schaffen und die nötigen Reformen auf den Weg zu bringen!

Wenn diese Alternative nicht die Demokratische Alternative ist und der Reformvorschlag nicht gut genug, dann ist das völlig in Ordnung!

Aber dann müssen BESSERE Alternativen und Lösungskonzepte her - statt nur die bestehenden (und inzwischen längst austauschbaren) Farben bei den etablierten Parteien (wider besseren Wissens) neu durchzumischen und auf ein dann (wieder nicht) eintretendes Wunder zu warten!

Oder sich als Wähler gar in die depressive Resignation zurückzuziehen und daher politisch völlig wirkungslos zu werden.

Diese von Professor Filzmaier - richtiger Weise - angesprochene Resignation ist in einer Demokratie eine höchst gefährliche Entwicklung, um in totalitäre Verhältnisse abzurutschen. Gelassene Freiräume werden meist genutzt - und gerade heutzutage politisch selten zum breiten Wohl der Allgemeinheit. Ob dieses totalitäre System dann von einer Partei oder mehreren Hand in Hand betrieben wird, ist punkto Auswirkungen ziemlich egal. Diktatur bleibt Diktatur!