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Die Geier kreisen weiter (20.11.2008)

http://www.industriellenvereinigung.at/b1814

Die Original-Meldung der Industriellenvereinigung von damals:

Arbeits-Überbrückungsmodell gegen Kündigungen
IV-Präsident Veit Sorger und IV-Generalsekretär Markus Beyrer im Klub der Wirtschaftspublizisten: "Jeder muss seinen Teil beitragen.“

Der Präsident der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, schlägt ein Überbrückungsmodell für Betriebe vor, wo wegen Lücken beim Auftragseingang Kündigungen drohen. Statt Mitarbeiter zu entlassen sollten diese im Unternehmen gehalten werden, auch wenn vorübergehend keine Arbeit da sei. An den dadurch entstehenden Kosten sollten sich Mitarbeiter, Unternehmen und Staat beteiligen, jeder müsse seinen Teil beitragen. "Wir haben eine Notsituation, wir können nicht bis zum Frühjahr warten", warnte der IV-Präsident.

Die Kosten für das vorgeschlagene Überbrückungsmodell sollten nach Wunsch der IV geteilt werden: Der Arbeitnehmer würde nur mehr 75 Prozent des Nettolohns erhalten, das Unternehmen und die öffentliche Hand würden die Finanzierung des nicht-gekündigten Mitarbeiters gemeinsam übernehmen. Dabei sollten die Fixkosten für den Unternehmer auf etwa 30 Prozent gesenkt werden, durch AMS-Gelder oder Schulungen oder auch durch Steuergutschriften sollte die Differenz von Lohnverzicht und Unternehmerzahlung geleistet werden. Das Modell soll möglichst flexibel auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten werden.

IV-Generalsekretär Markus Beyrer rechnet mit einer starken Verschlechterung der Lage. "Den Mega-Schneeball werden wir Mitte nächstes Jahres erleben, wenn sich die Dinge verdichten", sagte er heute. Auch IV-Präsident Sorger sieht eine sehr tiefe Krise: In seinen 40 Jahren in der Industrie habe er derartige Einbrüche bei Aufträgen und Beschäftigung wie in der jetzigen Krise noch nicht erlebt.

 

Der Kommentar des Proponenten von damals dazu:

Ein - nicht unerwarteter - Versuch dieser Clique, sämtliche Folgen einer Wirtschaftskrise, die von Top-Managern und Shareholdern, unter Duldung durch die Politik, verursacht wurde (und das sogar eiskalt einkalkuliert, würde ich meinen) endgültig und ausschließlich von den Firmen auf die Schultern der kleinen Leute abzuwälzen!

Also, wie versteh ich das?

Firmen können sich - individuell zugeschnitten (??) - entscheiden, sich einfach 70 Prozent der Arbeitskosten vom Hals zu schaffen, indem sie sich sattes Zubrot aus öfentlichen Geldern holen und die Arbeiter einfach so auf 25 Prozent ihres Lohnes verzichten?

Ja, welches Unternehmen würde sich denn so eine Chance entgehen lassen?

Und wer entscheidet dann aufgrund welcher Kriterien, welcher Betrieb (das heißt: welcher Shareholder) in den Genuss der Flüsse aus Milch und Honig kommt - und welcher nicht? Welche Rolle spielen da besonders gute Verbindungen zwischen Wirtschaft und Politik?

25 Prozent Einkommenverzicht? Es mag sein, dass Sie, Herr Sorger, locker auf ein Viertel Ihrer Gage verzichten könnten (würden Sie das?) - aber der einfache Arbeiter auch? Angesichts der momentanen Preis- und Lebenskostenentwicklung?

Was würde denn das wieder für die Kaufkraft auf den Märkten bedeuten?

Ist es wirklich sinnvoll, dass immer mehr Geld in jenen Taschen bzw. Bereichen verbleibt, wo damit - mittlerweile deutlichst nachweisbar - nur globaler grober Unfug getrieben wird?

Und den Rest zahlt "der Staat" dazu - klar. Das Kapitel hatten wir ja schon!

Blöderweise fehlen da ein paar Schlagwörter in der Aussendung: "Garantierter Kündigungsstopp" oder "Beschäftigungsgarantie" zum Beispiel. Ein Zufall? Wirklich? Ist nicht abzusehen, dass sich "besonders notleidende Firmen" ihre Arbeitskosten zu Lasten der Allgemeinheit um 70 Prozent senken lassen - und dennoch den "überschüssigen Ballast" (sprich: Menschen, Alleinerhalter, ...) auf die Straße setzen?

Fehlt da nicht auch irgendein Text darüber, wie diese 25 Prozent Lohnverzicht dann wieder ausgeglichen werden, wenn die Firmen in Geld und Gewinnen schwimmen (was ja als Idee gar nicht so abwegig erscheint - bei 70 Prozent Kostenersparnis)?

Fazit: Es mag manche Spitzenleute geben, welche die Zeichen der Zeit TATSÄCHLICH erkannt haben ... Veit Sorger gehört samt seiner Geldumschicht-Vereinigung mit allergrößter Sicherheit NICHT dazu.

Vor-Denker ist der smarte Veit bestimmt keiner. Vor-Sorger ziemlich sicher - aber nur für seinesgleichen.

G.K., 20.11.2008

 

Kommentar-Update 2020:

Erkennen Sie da bestimmte Parallelen zu heute - quasi von einer katastrophalen Krise zur nächsten?