https://orf.at/vstories/zweiterweltkrieg
Zitat: Eine Überraschung war der Beginn des Zweiten Weltkriegs für die Österreicherinnen und Österreicher nicht. Mehr als ein Jahr war das Land bereits durch den „Anschluss“ an Nazi-Deutschland annektiert. Die jüdische Bevölkerung Österreichs kannte bereits Terror und Schikane, als der Krieg am 1. September 1939 begann. ... "... Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen! Und von jetzt ab wird Bombe mit Bombe vergolten.“ Der sechs Jahre dauernde Zweite Weltkrieg mit mindestens 60 Millionen Toten, 35 Millionen Verwundeten und nicht abzuschätzenden materiellen Verlusten hatte begonnen. ... Laut dem Historiker Florian Wenninger von der Universität Wien gab es zu Beginn des Zweiten Weltkriegs keine Freude über den Kriegsausbruch in der Bevölkerung. „Die allgemeine Stimmung ist geprägt von Besorgnis, dominiert von der Hoffnung, dass das möglichst ohne gröbere Verluste abgeht“, so Wenninger im Interview mit ORF.at. ... Mehr als Warnungen wurde den Nazis nicht entgegengesetzt ... Frankreich und England hatten dem Deutschen Reich – gemäß den abgegebenen Garantien – zwar den Krieg erklärt, Polen waren sie aber nicht zu Hilfe gekommen. ... In Großbritannien wie Frankreich sei die öffentliche Meinung gegen einen neuerlichen Krieg gestanden. „Mourir pour Danzig?“ („Sterben für Danzig?“) war das Schlagwort der Debatte. „Mit der unausgesprochenen Antwort ‚auf keinen Fall‘, so Wenninger. ... Der deutsche Vormarsch verlief weitaus schneller als erwartet. Am 17. September marschierte zudem die Rote Armee in Ostpolen ein. Offizielle Begründung war die Sorge um das Schicksal der dort lebenden Weißrussen und Ukrainer. Tatsächlich hatten Deutschland und die Sowjetunion im geheimen Zusatzprotokoll des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts ihre Interessengebiete abgesteckt. ... Der Feldzug war von Beginn an nicht nur ein Krieg gegen das Militär, sondern auch gegen die Bevölkerung. Das NS-Regime begann unmittelbar nach dem Einmarsch mit gezielten Massenmorden und der „Vernichtung der polnischen Intelligenz“. Auf Basis des geheim vorbereiteten „Sonderfahndungsbuchs Polen“ wurden 60.000 Polinnen und Polen, darunter Lehrer, Ärzte, Juristen, Professoren, katholische Priester und Bischöfe, Politiker und Gewerkschafter, ermordet. Ein Terrorapparat richtete sich „gegen alle, die systematischer in der Lage gewesen wären, Widerstand zu leisten. Die Strategie war von vornherein, nicht nur einen militärischen Enthauptungsschlag zu führen, sondern tatsächlich allfälligen Widerstand im Keim zu ersticken“, so Wenninger. Ausschließlich Deutsche sollten künftig die Führungsschicht stellen, die polnische Bevölkerung sollte arbeiten. „Im Grunde geht es darum, sich Sklaven zu halten“, schildert der Historiker. „Von Beginn an ist ein Ziel, Polen nicht mehr in den Genuss höherer Bildung kommen zu lassen, sondern sie sollen in der Lage sein, zu lesen und zu verstehen, was man von ihnen will, welche Aufträge man erteilt, aber eigenständiges Denken will man möglichst hintanhalten. Und das nicht nur durch Terror, sondern auch durch bewusste Vorenthaltung von Bildung.“ ... Vier bis sechs Millionen Polen und Polinnen kamen ums Leben – und damit etwa jeder Sechste bis Siebente. ... Die „Propagandafeuerwerke“ hatten ihre Wirkung gezeigt, und obwohl der Krieg von vielen als Unterbrechung einer aufsteigenden Bewegung empfunden wurde, stand die Bevölkerung in den ersten Jahren „abwartend, aber doch“ und nach der anfänglichen Skepsis hinter dem Krieg. ... Allein bei dem unprovozierten Angriff starben auf beiden Seiten geschätzte 100.000 Menschen, 80.000 von ihnen waren polnisch. 130.000 weitere wurden verletzt, 700.000 Polinnen und Polen landeten in Gefangenschaft. Und doch waren die Tage vom 1. September bis zum 6. Oktober nur der Auftakt zu der großen Katastrophe, die mindestens 60 Millionen Menschen das Leben kosten und bis 1945 ihren fatalen Lauf nehmen sollte.
Um diesen besonderen Gedenktag auch unsererseits nicht einfach so vorbeigehen zu lassen: Wir können die Zeit dieser 80 Jahre nicht zurückdrehen und es anders machen. Die allermeisten von uns würden das auch nicht - weil es ihnen viel zu gefährlich wäre und schon längst zu chancenlos erschiene, das Unheil da noch aufzuhalten.
Stimmt! Es war da ja schon seit Jahren im Gang. An diesem Tag hat es nur die Grenzen offiziell überschritten. Die zu einem anderen Land, gewaltvoll und daher zum Krieg. Einem, der in knapp 6 Jahren über 60 Millionen Tote gefordert und unermessliches Leid über die Welt gebracht hat - mit einer Zerstörung bisher nicht gekannten Ausmaßes.
Heute, so lange im Nachhinein betrachtet wird auch immer klarer, was das eigentlich war: Ein kaltblütiger und perfide aufgezogener Massen-Raubmord der Nazis zur Befriedigung der Gier einiger weniger. Die übrigen waren entweder Opfer oder kalkulierte Verluste.
Und das alles war nur möglich, weil hierbei viele Handlanger, Mitwisser und Förderer mit im Spiel waren. Kriegsgewinnler, ebenso eiskalt und berechnend wie die Täter selbst. Und weil so viele weggeschaut haben - oder darauf gewartet, dass endlich wer anderer etwas tut. Die Angst hatten und denen das eigene Hemd eben wichtiger war als der Rock von jemand ganz anderen. Die naiv waren - oder sich bloß dumm gestellt haben ... weil sie sonst ja etwas dagegen hätten tun müssen. Und auf das alles können Mächtige, die so gestrickt sind setzen. Das konnten sie damals - und können sie heute auch.
Denn die Strukturen heute sind wieder - oder immer noch (?) - genau dieselben. Es ist erschreckend, wieviele Parallelen zwischen damals und heute existieren. Es sind alle Faktoren da, keiner fehlt. Nur muss man etwas genauer hinsehen, wie welcher Puzzlestein aussieht und wo er im Gesamtbild hinpasst.
Und wieder sind wir schon mittendrin, heute 80 Jahre später schon wieder. Wieder sind auch die versammelt, die meinen dass man eh nichts ändern kann, dass es viel zu gefährlich wäre - und wahrscheinlich eh jemand anderer tut, irgendwann, irgendwo.
Das von damals können wir nicht mehr ändern. Für das Heute aber entlässt uns niemand aus der Verantwortung. Dann wenn man später fragen wird, wie das alles so hat kommen können - ein Unheil wieder weit jenseits alles bisher Dagewesenen.
Und? Was werden wir dann sagen?
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