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Statt Notstandshilfe vom Arbeitslosenentgelt direkt zur Mindestsicherung!? (24.10.2018)

 

Die Bundesregierung hat bereits vor geraumer Zeit angekündigt, die Notstandshilfe zu streichen und Menschen stattdessen aus dem Arbeitslosenentgelt direkt in die Mindestsicherung zu führen.
 
Um fair zu sein muss man anmerken: Nach der Ankündigung des Vorhabens blieb es still. Es gibt also noch kein tatsächliches Papier, wie dies vonstatten gehen soll.
 
Dennoch: Sehen wir uns die Umstände einmal genauer an, besonders aus der Sicht von Menschen mit Behinderung!
 
Der österreichische Behindertenrat kritisiert dieses Vorhaben auch in seinem aktuellen Umsetzungsbericht zur UN-Behindertenrechtskonvention, da besonders Menschen mit Behinderung verstärkt unter Langzeitarbeitslosigkeit leiden, somit also nach ihrem Anspruch auf Arbeitslosenentgelt in die Notstandshilfe übergeleitet werden.
 
Nun möchte die Bundesregierung diese aber abschaffen, und daher auch Menschen mit Behinderung nach dem Arbeitslosenentgelt direkt in die Mindestsicherung überführen.
Die Regelungen hier sind allerdings komplett andere und deutlich tiefer ins Privateigentum eingreifend!
 
Zuerst müssen bei der Mindestsicherung Ersparnisse verbraucht werden - je nach Bundesland unterschiedlich geregelt - bis zu einer Grenze von 4.200 bis 4.315 Euro. Erst dann wird die Mindestsicherung ausbezahlt. Außerdem muss ein vorhandenes Fahrzeug grundsätzlich verkauft werden - außer es wird beruflich benötigt!
 
Eine Immobilie dürfen Mindestsicherungsbezieher dann behalten, wenn diese selbst bewohnt wird und eine "angemessene" Größe hat. Nach sechs Monaten haben die Behörden allerdings die Möglichkeit, sich ins Grundbuch eintragen zu lassen. Dies wurde zwar bis jetzt nur selten in der Praxis vorgenommen, aber stellt eine weitere Unsicherheit für betroffene Menschen dar!
 
Gerade Menschen mit Behinderung würden hier vor großen Problemen stehen: Rücklagen für Anschaffungen von Hilfssystemen für ihren Alltag oder teure Behandlungen, die von der Krankenkasse nicht bezahl werden würden somit deutlich eingeschränkt und nur erschwert möglich werden.
 
Fahrzeuge, die sich Menschen mit Behinderung auf ihre Bedürfnisse haben anpassen haben lassen oder sich genau aufgrund dessen ausgesucht haben, müssten mit dieser Regelung verkauft werden!
 
Bei Immobilien ist natürlich eine große Unsicherheit vorhanden, was der Begriff "angemessen" bedeutet: Ob z.B. rein die Größe der Wohnung oder des Hauses bezogen, auf deren Bewohner, oder ausgeweitet auch auf die speziellen Bedürfnisse, gemeint ist?
 
Noch kann man wenig sagen, wie diese "Reform" genau stattfinden soll. Es muss dem aber eine große Aufmerksamkeit geschenkt werden. Auch weil im Zuge dessen jedenfalls Regelungen einbezogen werden müssen, die auch die Lebensumstände von Menschen mit Behinderung berücksichtigen. Monatelange Nachbesserungen sind wohl kein wünschenswertes Ziel, denn es belastet - wie schon in der jüngsten Vergangenheit - vor allem die Betroffenen!
 
Einmal ganz abgesehen von der auch für andere - immer häufiger völlig unverschuldet in Langzeitarbeitslosigkeit geratenden - Personen überschrittenen Grenzwertigkeit an Zumutung dieses "österreichischen Hartz IV".
 
Wobei pikanter Weise der Namensgeber dieser "Reform" in Deutschland, VW-Manager Peter Hartz, wegen Untreue und Begünstigung bei einem Schaden von 2,6 Millionen Euro zu einem Bußgeld von 576.000 Euro und einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt wurde - und die Freiheitsstrafe ebenso im Rahmen einer als „instinktlos" kritisierten schon bei Prozessbeginn getroffenen Urteilsabsprache zur Bewährung ausgesetzt wurde.
 
Und instinktiv wird man daran erinnert, dass das als "diesbezüglich sicher" geltende Österreich laut jüngsten Medienberichten doch wesentlich stärker in die sogenannten „Cum-Ex“-Geschäfte involviert war, in dem ein Syndikat von Bankern, Investoren und Hedgefonds durch Dividendensteuertricks einen Schaden von bisher geschätzten 55 Milliarden Euro angerichtet hat. Mindestens - auch in Österreich entstand offenbar größerer Schaden als gedacht, in welcher Höhe ist noch unklar.
 
Aber gut, Österreich hat ja auch prompt reagiert und „spezielle exekutive Ermittlungsteams“ geschaffen. Halt! Kleiner Irrtum! Die sind ja dazu da, um "den Kleinen" beim Sozialleistungsbetrug auf die Finger zu klopfen ...
 
P.S.: Diese Vorausschau der DA fand zu dem Thema via Facebook am 24.10.2018 statt! Wie ging es dann weiter?
 
 
Zitat: Eine interne Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) für das Sozialministerium sorgt für scharfe Reaktionen. Nach den Zahlen der Untersuchung würde durch die geplante Abschaffung der Notstandshilfe künftig ein Drittel der Arbeitslosen keine Leistung mehr bekommen. Rund 121.000 Arbeitslose könnten dann im neuen System keine Leistungen mehr erhalten. Die „Kronen Zeitung“ hatte am Wochenende von der Studie berichtet, die das WIFO erstellte, um die Auswirkungen der Reform durchzurechnen. Den Angaben zufolge wären Arbeitslose mit einer langen Versicherungsdauer besonders betroffen. Nach APA-Informationen wären 37.000 der Betroffenen Menschen mit einer Behinderung. 48 Prozent der Arbeitslosen mit einer Behinderung würden damit keine Leistung mehr erhalten, da sie überproportional lange für die Arbeitssuche brauchen.
 
 
Zitat: ÖVP und FPÖ haben am Mittwoch im Ministerrat ihr Paket für die Neuregelung der Mindestsicherung präsentiert. Die Rede war dabei von „Treffsicherheit“ und „Arbeitsanreizen“, wobei das Opposition und karitative Organisationen deutlich anders sahen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wies die Kritik zurück und verteidigte die geplanten Maßnahmen als „nur gerecht“.
 
Ohne Worte ...